Wohnungseigentum


Ersetzung der Verwalterzustimmung zur Veräußerung durch Eigentümerzustimmung und werdende Wohnungseigentümergemeinschaft

KG, Beschluss vom 03.05.2018 - 1 W 370/17 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft sah vor, dass der Verwalter von der Versammlung der Wohnungseigentümer bestellt und abberufen würde, ferner, dass die Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters (mit Ausnahme der ersten Veräußerung nach Teilung) bedürfe. Vorgesehen war auch, dass die Zustimmung des Verwalters durch die Eigentümerversammlung mit 2/3-Mehrheit ersetzt werden könne. Sämtliche Einheiten wurden sodann vom Teiler an die Beteiligte zu 1. Veräußert, die auch als Eigentümerin eingetragen wurde. In einer mit „Protokoll der Eigentümerversammlung vom 12. Mai 2014“ überschriebenen notariellen Erklärung vom Juli 2014 bestellte die Beteiligte zu 1. J. als Verwalter. In Juli 2015 verkaufte die Beteiligte zu 1. Wohnungseigentum an die Beteiligte zu 2. und 3. Mit dem Eigentumsumschreibungsantrag vom Mai 2017 überließ der Notar eine Vollmacht des J. auf A und eine beglaubigte Erklärung des A, in der es hieß, der Verwalter stimme der Veräußerung zu. Mit einer Zwischenverfügung forderte das Grundbuchamt die Verwalterzustimmung nebst Verwalternachweis und verwies darauf, dass der Beschluss vom 12.05.2014 keine Wirkung entfalte.

 

Die gegen die Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde wurde zurückgewiesen, da nach Ansicht des OLG ein Eintragungshindernis bestünde. Die Auflassung (Eigentumsübertragung) nach §§ 20 GBO, 925 BGB bedürfe gem. §§ 12 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 WEG der Zustimmung des Verwalters, da es sich hier insbesondere nicht um die erste Veräußerung nach Teilung handele. Der Umstand, dass die Eigentumsrechte nach der ersten Veräußerung wieder nur in einer Hand lägen, würde daran nichts ändern.  

 

Der Beschluss vom 12.05.2014 zur Verwalterbestellung des J. entfalte keine Wirkung. An diesem Tag bestand weder eine Wohnungseigentümergemeinschaft noch eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft (auf die das Wohnungseigentumsgesetz vorverlagert würde). Aus § 10 Abs. 7 S. 4 WEG folge, dass es keine Ein-Person-Gemeinschaft gäbe (BGH vom 05.06.2008 - V ZB 85/07 -) mit der Folge, dass der gefasste Beschluss nichtig sei; die gelte sowohl für Beschlüsse des teilenden Eigentümers wie auch für einen späteren Alleineigentümer. Der teilende Eigentümer (wie auch der spätere Alleineigentümer) könne den Verwalter in der Teilungserklärung bestellen (BGH vom 12.09.2013 - VII ZR 308/12 -) oder sich auch dort Ermächtigung zur Bestellung eines Verwalters einräumen. Es könne dahinstehen, ob der Beschluss vom 12.05.2014 als Änderung der Teilungserklärung angesehen werden kann, da diese jedenfalls nicht im Grundbuch gewahrt worden wäre und hier auch nicht dargelegt worden sei, dass die Sondernachfolger der Verwalterbestellung beigetreten seien.   

 

Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Verwalterzustimmung wirksam ersetzt worden sei. Zwar könnte vorliegend nach § 26 Abs. 3 WEG die Verwalterzustimmung durch einen 2/3-Mehrheitsbeshcluus der Eigentümerversammlung in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachgewiesen werden. Doch in dem Abschluss des Vertrages mit einem Erwerber könne dies nicht gesehen werden, da im Juli 2017 eventuell bereits eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestand und damit die einseitige Erklärung des Beteiligten zu 1. nicht ausreiche. Mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens (§ 29 GBO) sei nicht festzustellen, wann ggf. der Beteiligte zu 1. den Besitz den Beteiligten zu 2. und 3. überließ. Im Rahmen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft wären diese daher aber als Vormerkungsberechtigte an der Bestellung des Verwalters zu beteiligen gewesen. 

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Wert von 5.000 € mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Eintragungshindernis auch durch die Niederschrift über einen Zustimmungsbeschluss der Eigentümerversammlung oder Zustimmungserklärungen aller übrigen Eigentümer behoben werden kann. Insoweit wird eine weitere Frist von zwei Monaten gesetzt.

 

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

 

In der als Inhalt des Sondereigentums gebuchten Teilungserklärung nach § 8 WEG vom 23. September 2009 (UR-Nr. 211/2009 des Notars ...) heißt es, der Verwalter werde von der Versammlung der Wohnungseigentümer bestellt und abberufen (Teil III § 11 Nr. 1). Die Veräußerung des Wohnungseigentums bedürfe der Zustimmung des Verwalters, u.a. mit Ausnahme der ersten Veräußerung nach Teilung. Die Zustimmung könne durch die Eigentümerversammlung mit 2/3 Mehrheit ersetzt werden (Teil III § 12 Nr. 1 lit. a und c). Der teilende Eigentümer veräußerte das Wohnungseigentum Blatt ... an N..., der am ... 2011 in Abt. I gebucht wurde, und die übrigen Einheiten an die Beteiligte zu 1). Diese war seit dem 7. Mai 2014 eingetragene Eigentümerin sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumsrechte. Vormerkungen waren nicht gebucht. Die erste Eigentumsübertragungsvormerkung wurde am 17. Juni 2014 eingetragen; am 18. September 2015 erfolgte die erste Eigentumsumschreibung (jew. Blatt ...).

 

Im Juli 2014 reichte die Beteiligte zu 1) ihre notariell beglaubigte Erklärung vom 12./27. Mai 2014 (UR-Nr. 462/2014 des Notars ...) ein, in der es unter “Protokoll der Eigentümerversammlung vom 12. Mai 2014” heißt, sie sei Eigentümer aller Einheiten, halte hiermit eine außerordentliche Versammlung der Wohnungseigentümer ab und fasse den Beschluss: Zur Verwalterin werde ab heute bis zum 31. Dezember 2016 J... bestellt.

 

Mit Vertrag vom 31. Juli 2015 (UR-Nr. 1.220/2015 des Notars ...) verkaufte die Beteiligte zu 1) das im Beschlusseingang genannte Wohnungseigentum an die Beteiligten zu 2) und 3). Am 8. Mai 2017 hat der Notar u.a. die Eigentumsumschreibung beantragt und hierzu u.a. eine Vollmacht der J... auf A... vom 30. Juli 2015 (UR-Nr. 691/2015 der Notarin ...) sowie eine notariell beglaubigte Erklärung der A... vom 5. August 2015 (UR-Nr. 1.230/2015 des Notars ...) eingereicht, in der es heißt, der Verwalter stimme der Veräußerung UR-Nr. 1.220/2015 zu (Bl. 78 ff. d.A.). Mit der angefochtenen Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt aufgegeben, die Zustimmungserklärung eines Verwalters nebst Verwalternachweis vorzulegen; der Beschluss vom 12. Mai 2014 entfalte keine Wirkung.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten nebst Beiakten Bezug genommen.

 

II.

 

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), jedoch nicht begründet. Die Zwischenverfügung ist gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GBO veranlasst und nur um die weiteren in Betracht kommenden Beseitigungsmittel zu ergänzen (vgl. Demharter, GBO, 30. Aufl., § 18 Rn. 31).

 

Das aufgezeigte Eintragungshindernis besteht. Die dem Grundbuchamt nachzuweisende Auflassung (§ 20 GBO, § 925 BGB) bedarf für ihre Wirksamkeit gemäß § 12 Abs. 1 und 3 S. 1 WEG der Zustimmung des Verwalters. Es ist kein Ausnahmefall gegeben, bei dem das Zustimmungserfordernis entfällt. Insbesondere handelt es sich nicht um die erste Veräußerung nach Teilung i.S.v. Teil III § 12 Nr. 1 lit. a der UR-Nr. 211/2009. Hierunter sind für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung (vgl. BGH, NJW 1991, 1613, 1614) nur die Veräußerungen durch den teilenden Eigentümer an N... und die Beteiligte zu 1) zu verstehen. Eine (erneute) Veräußerung durch eine Person, in deren Hand sich - wie bei der Beteiligten zu 1) - nach den Erstveräußerungen sämtliche Wohnungseigentumsrechte vereinigt haben (im Folgenden: Alleineigentümer), wird vom Wortlaut der Ausnahmebestimmung nicht erfasst. Für eine entsprechende Auslegung genügt es nicht, dass die Interessenlage des Alleineigentümers mit der des teilenden Eigentümers vergleichbar ist. Das Bestehen oder Nichtbestehen der Verfügungsbeschränkung nehmen am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil (§ 892 BGB) und müssen aus diesem für jedermann ohne weiteres erkennbar sein (BGH, a.a.O., S. 1614 f.). Zudem ist - anders als bei der Erstveräußerung durch den teilenden Eigentümer - nur durch Einsicht in sämtliche Grundbuchblätter der Wohnungseigentumsanlage festzustellen, ob ein Fall des Alleineigentums gegeben ist oder war.

 

Mit der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 12. Mai 2014 ist nicht gemäß § 26 Abs. 3 WEG nachgewiesen, dass J... zum maßgebenden Zeitpunkt am 5. August 2015 (vgl. BGH, NJW 2013, 299 f.) Verwalter war. Der Beschluss vom 12. Mai 2014 entfaltet keine Wirkung. An diesem Tag bestand keine Wohnungseigentümergemeinschaft und - mangels Eintragung einer Vormerkung - auch keine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, auf die das Wohnungseigentumsgesetz vorverlagert anzuwenden ist (vgl. BGH, NJW-RR 2017, 712, 714 f. Rn. 25; 2016, 461, 462 Rn. 7). Wie auch aus § 10 Abs. 7 S. 4 WEG folgt, gibt es keine Ein-Personen-Gemeinschaft (BGH, NJW 2008, 2639, 2640 Rn. 12), die einen bindenden Beschluss nach §§ 23, 26 Abs. 1 WEG fassen könnte; sog. Ein-Mann-Beschlüsse sind nichtig (Senat, ZWE 2012, 96; OLG Köln, ZWE 2008, 242, 244; OLG Hamm, ZMR 2007, 984 f.; OLG München, FGPrax 2006, 63; BayObLG, NJW-RR 2003, 874, 875). Das gilt für Beschlüsse eines nach § 8 WEG teilenden Eigentümers und in gleicher Weise für einen späteren Alleineigentümer, in dessen Hand sämtliche Wohnungseigentumsrechte vereinigt sind (vgl. OLG München, a.a.O.).

 

Anders als bei Kapitalgesellschaften, die juristische Personen sind, setzt eine Personengesellschaft (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 705 Rn. 1 zur GbR) sowie die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Beteiligung von mindestens 2 Personen voraus. Davon geht auch der Gesetzgeber aus (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 63 unter Verweis auf Kreuzer, ZMR 2006, 15, 17 f.). Auf eine Beschlussfassung des Alleineigentümers über die Bestellung eines Verwalters sind die Bestimmungen für eine Ein-Mann-GmbH (§§ 6, 48 GmbHG) nicht entsprechend anzuwenden (so aber Staudinger/Jacoby, BGB, Bearb. 2018, § 26 WEG Rn. 56 f.). Es fehlt an einer Regelungslücke für eine solche Analogie. Denn der teilende Eigentümer (und auch ein späterer Alleineigentümer) kann den Verwalter in der Teilungserklärung bestellen (BGH, NJW 2013, 3360, 3361 Rn. 8; 2012, 3232 Rn. 11; 2002, 3240, 3244) oder sich in der Teilungserklärung ermächtigen, den Verwalter später zu bestimmen (vgl. dazu BayObLG, NJW-RR 1994, 784). Beides ist hier nicht der Fall.

 

Die Bestellung des Verwalters in der Teilungserklärung wie auch ein Bestellungsvorbehalt haben Vereinbarungscharakter und wirken gegen Sondernachfolger nur, wenn sie nach §§ 8 Abs. 2 S. 1, 5 Abs. 4 S. 1, 10 Abs. 3 WEG als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen oder sämtliche Sondernachfolger der Vereinbarung beigetreten sind (Senat, a.a.O. m.w.N.). Dem steht nicht entgegen, dass es sich um eine Einzelfallmaßnahme handelt. Die Regelung dieses Einzelfalls und ihre Erkennbarkeit aus dem Grundbuch entsprechen bei einer Verwalterbestellung vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft einem praktischen Bedürfnis. Die Vereinbarungswirkung betrifft den Bestellungsakt und hindert - ohne sonstige Bestimmungen - eine Abberufung und Neubestellung des Verwalters nach Entstehung der (werdenden) Gemeinschaft gemäß §§ 23, 26 Abs. 1 WEG nicht (vgl. dazu BayObLGZ 1974, 275, 279).

 

Es bedarf keiner Erörterung, ob in dem Beschluss vom 12. Mai 2014 eine Änderung der Teilungserklärung gesehen werden könnte. Die Änderung ist jedenfalls nicht als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen worden. Die Beteiligten haben auch nicht geltend gemacht, dass die Sondernachfolger der Verwalterbestellung beigetreten sind. Einseitige Erklärungen ohne Bezugnahme auf den Beschluss vom 12. Mai 2014, wie der Verkäufer garantiere, dass J... zum Verwalter bestellt sei (vgl. § 4a Nr. 2 der UR-Nr. 1.220/2015), sind keine Zustimmung der Erwerber.

 

Schließlich ist auch nicht nachgewiesen, dass die Verwalterzustimmung wirksam ersetzt ist. Zwar kann die Zustimmung entsprechend § 26 Abs. 3 WEG auch durch eine Niederschrift über einen (hier 2/3) Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung oder durch die Zustimmungserklärung aller übrigen Wohnungseigentümer in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachgewiesen werden (vgl. BGH, NJW 2012, a.a.O., S. 3233 Rn. 13; Demharter, a.a.O., Anh. § 3 Rn. 35, § 29 Rn. 10 f.). In dem Abschluss des Vertrags UR-Nr. 1.220/2015 kann aber keine Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer gesehen werden. Die Zustimmung der Beteiligten zu 1) allein genügt nicht, weil davon auszugehen ist, dass am 31. Juli 2015 bereits eine werdende Eigentümergemeinschaft bestand. Auch die Zustimmungsberechtigung (ggf. nach § 27 Abs. 3 S. 2 WEG) geht auf den werdenden Wohnungseigentümer über, da er die Mitwirkungsrechte ausüben kann (BGH, NJW-RR 2016, a.a.O.). Mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens (§ 29 GBO) ist nicht festzustellen, ob und ggf. wann die Beteiligte zu 1) Besitz übergeben hat. Für die Zustimmungsbefugnis sind deshalb (ab dem 17. Juni 2014) die Vormerkungsberechtigten - unabhängig von den Besitzverhältnissen - als werdende Wohnungseigentümer anzusehen.

 

 

Die Wertfestsetzung beruht auf § 36 Abs. 1 und 3, § 61 GNotKG. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 GBO vor.