Befangenheit: Nichterlass eines Versäumnisurteils nach Ablauf der Notfrist und Hinweis

Grobe Verfahrensverstöße können die Besorgnis der Befangenheit des Richters rechtfertigen, wenn das prozessuale Vorgehen des Richters einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren unterscheidet, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdränget.

 

Liegen die Voraussetzungen für den (zuvor, hier in der Klageschrift) beantragten Erlass eines Versäumnisurteils vor, da die Notfrist für eine Verteidigungsanzeige nicht gewahrt ist, muss bei Schlüssigkeit der Klage ein Versäumnisurteil erlassen werden. Ein statt dessen an die beklagte Partei erfolgter Hinweis, dass die Notfrist abgelaufen ist unter Hinweis auf die Folgen gem. § 331 Abs. 3 ZPO  rechtfertigt die Annahme der Befangenheit. Ob der Hinweis sich auswirkte ist für die Annahme der Befangenheit nicht von Bedeutung.

 

Schlüssigkeitsmängel können das Vorgehen nicht rechtfertigen, wenn keine Bedenken zur Schlüssigkeit gegenüber der klagenden Partei mitgeteilt wurden.

 

Da § 331 Abs. 3 ZPO keinen Ermessenspielraum eröffnet, rechtfertigen auch nicht prozessökonomische Gründe ein solches Vorgehen. Ebenso wird dies nicht durch eine Fürsorgepflicht des Richters gerechtfertigt, da es diese hier nicht gibt.

 

 

OLG München, Beschluss vom 24.11.2023 - 28 W 1292/23 Bau -

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