Erbrecht


Rückforderung eines Miterbenanteils: Keine Sicherung durch Vormerkung bei Anfechtung durch Insolvenzverwalter

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2023 – I-12 U 43/23 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Insolvenzverwalter wollte einen Rückforderungsanspruch nach insolvenzrechtlicher Anfechtung sichern: Vom Insolvenzschuldner, der Miterbe war, wurde sein Erbanteil von ihm auf seine Kinder übertragen, die diesen sodann ihrer Mutter schenkten. Der Insolvenzverwalter beantragte im Wege der einstweiligen Verfügung eine Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch, die das Landgericht bewilligte. Diese einstweilige Verfügung wurde auf die Berufung des Insolvenzschuldners aufgehoben und der Antrag darauf zurückgewiesen.  

 

Den vom Landgericht angenommenen Verfügungsanspruch negierte das OLG im Berufungsverfahren. Voraussetzung wäre hier, dass es sich bei dem schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr, der durch einstweilige Verfügung (§§ 935 ff ZPO) gesichert werden könnte, um einen potentiellen Massebestandteil iSv. §§ 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 InsO handeln würde. Die Eintragung einer Vormerkung (§§ 883 Abs. 1, 885 BGB) im Grundbuch ließe sich damit nur erreichen, wenn die Rückübertragung eines Grundstücks / dinglichen Rechts Anspruchsgegenstand wäre. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

 

Die Erben seien infolge von § 47 Abs. 1 2. Alt. GBO im Grundbuch als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen worden. Ein grundbuchlicher Berichtigungsantrag (§ 22 GBO) beträfe nur die Inhaberschaft des jeweiligen Erbanteils und sei nur Annex zum anfechtungsrechtlichen Rückgewährsanspruch. Der Berichtigungsanspruch sei nicht auf Einräumung eines Rechts iSv. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB gerichtet, weshalb er auch nicht durch eine Vormerkung gesichert werde könne. Gesichert werden könnten nur dingliche Rechte. Der über seinen Erbanteil verfügende Miterbe würde selbst dann nicht über ein Grundstücks verfügen, wenn dieses der einzige Nachlassgegenstand wäre.

 

Eine Vergleichbarkeit mit der vom Insolvenzverwalter benannten Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 26,06,2017 - 34 Wx 173/17 -) läge nicht vor. Dort sei es um einen Anspruch (und dessen Sicherung durch Vermerkung) eines Erben aus einem Vorausvermächtnis, den Antrag eines Miterben gegen die weiteren Miterben auf Übereignung des Grundstücks zum Alleineigentum.

 

Entscheidend ist mithin nicht, ob zum Nachlass auch Grundstücksrechte gehören, sondern für die Wahrung einer dinglichen Sicherung durch Vormerkung, ob es sich um einen schuldrechtlichen oder dinglichen Anspruch handelt.   

 

 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2023 – I-12 U 43/23 -

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Auf die Berufungen der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf vom 25.07.2023 (10 O 214/23) abgeändert und der Antrag des Verfügungsklägers auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Verfügungskläger zu tragen.

 

Gründe

 

Die zulässigen Berufungen haben aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörterten Gründen in der Sache Erfolg. Zu Recht wenden sich die Verfügungsbeklagten dagegen, dass das Landgericht die Eintragung einer Vormerkung angeordnet hat. Der insoweit erforderliche Verfügungsanspruch besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht.

 

Durch einstweilige Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) kann der insolvenzanfechtungsrechtliche Anspruch auf Rückgewähr in Natur gegen den Anfechtungsgegner, bei dem es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt, gesichert werden, wenn der anfechtbar entäußerte Gegenstand potentieller Massebestandteil i.S.v. §§ 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 InsO gewesen ist (Staudinger/Kessler (2020), BGB, § 883 Rn. 48; MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl. 2019, § 143 Rn. 38). Auf diese Weise lässt sich die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch daher nur erreichen (§§ 883 Abs. 1, 885 BGB), wenn sich der Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an einem Grundstück oder eines beschränkt dinglichen Grundstücksrechts richtet (vgl. nur: MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O, Rn. 49, 178; Uhlenbruck/Borries/Hirte, 15. Aufl. 2019, § 143 Rn. 130, 173; K. Schmidt/Büteröwe, InsO, 20. Aufl. 2023, § 143 Rn. 45; HK/Thole, 11. Aufl. 2023, § 129 Rn. 134). Nur solche Ansprüche können - wie sich schon aus der abschließenden Aufzählung im Gesetz ergibt - durch Vormerkung gesichert werden (Staudinger/Kessler, a.a.O., Rn. 36).

 

Dies ist vorliegend indessen nicht der Fall. Das Landgericht hat verkannt, dass Inhalt des anfechtungsrechtlichen Rückübertragungsanspruchs hier die (Rück-)Übertragung des Erbanteils ist, den der Insolvenzschuldner anfechtbar auf seine Kinder übertragen hatte und den diese wiederum auf ihre Mutter - die Verfügungsbeklagte zu 5) - weiter übertragen haben. Der Anspruch auf Übertragung eines Erbteils ist jedoch nicht vormerkungsfähig, da er die Übertragung des Erbteils und nicht die der einzelnen zum Nachlass gehörenden Grundstücksrechte zum Gegenstand hat (BeckOGK/Assmann, Stand 01.08.2023, BGB § 883 Rn. 17.1 m.w.N.). Ein Miterbe erwirbt mit seiner aus dem Erbteil folgenden ungeteilten Gesamtberechtigung am Nachlass keine unmittelbare (selbstständig veräußerliche) Berechtigung an dem einzelnen Gegenstand, selbst wenn der Nachlass nur aus einer einzigen Sache besteht. Verfügt der Erbe in einem solchen Fall über seinen Miterbenanteil, verfügt er dabei - wie sich aus § 2033 Abs. 2 BGB ergibt - nicht über diesen Gegenstand (Erman/Bayer, BGB, 16. Aufl. 2020, § 2033 Rn. 4a; BeckOGK/Rißmann/Szalai, Stand: 01.06.2023, BGB § 2033 Rn. 28 f.; BeckOK BGB/Lohmann, 67. Edition, § 2033 Rn. 7, 14; BayObLG Rpfleger 1968, 188). Seine Verfügung braucht nur auf die Übertragung des Erbteils, nicht auch der Anteile an einzelnen Nachlassgegenständen gerichtet zu sein, so dass für sie die Form des § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB maßgeblich ist. Der Erbteil wird, selbst wenn er nur aus einem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht besteht, ohne Auflassung und Eintragung nach § 2033 Abs. 1 BGB übertragen (Erman/Bayer, a.a.O., Rn. 4, 4d; Staudinger/Löhnig, a.a.O., § 2033 Rn. 26).

 

Aus dem Umstand, dass die Erben nach dem Erbfall im Grundbuch als Eigentümer des Nachlassgrundstücks in ungeteilter Erbengemeinschaft einzutragen sind, kann nichts Anderes folgen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 47 Abs. 1 2. Alt. GBO (Erman/Bayer, a.a.O., § 2032 Rn. 3). Ein dahingehender grundbuchrechtlicher Berichtigungsanspruch (§ 22 GBO), der die Inhaberschaft des jeweiligen Erbanteils betrifft, ist nur Annex zu dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch, der (allein) die Rückübertragung des anfechtbar übertragenen Erbanteils zum Inhalt hat. Da der schuldrechtliche Grundbuchberichtigungsanspruch nur die bloße Buchposition betrifft und nicht auf Einräumung eines "Rechts" i.S.d. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB gerichtet ist, kann er nicht durch Vormerkung gesichert werden (Toussaint in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 894 Rn. 81; BeckOK BGB/Lohmann, a.a.O., Rn. 7; jew. m.w.N.).

 

Schließlich rechtfertigt auch die von dem Verfügungskläger herangezogene Entscheidung des OLG München (Beschl. v. 26.06.2017 - 34 Wx 173/17, juris) schon deshalb keine andere Beurteilung, weil es dort - anders als hier - um die Frage ging, ob der sich aus einem Vorausvermächtnis ergebende Anspruch eines Miterben gegen die weiteren Miterben auf Übereignung des Grundstücks zu Alleineigentum durch Vormerkung gesichert werden kann, wenn die Erbanteile durch die weiteren Miterben weiterveräußert wurden.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Die Entscheidung ist rechtskräftig (§ 542 Abs. 2 ZPO), deshalb bedarf es keiner Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.12.2016 - 10 U 97/16, BeckRS 2016, 111329 Rn. 87).

 

 

Streitwert: 60.897 EUR.