Videoverhandlung: Präsenter Beteiligter sieht Video und Richterbank nicht zeitgleich (Art. 103 GG)

Das Gericht kann den Beteiligten auf Antrag die Teilnahme in Form der „Videoübertragungstechnik“ erlauben, die „ohne Verlust an rechtsstaatlicher Qualität“ genutzt werden darf (BT-Drucks. 17/112, S. 10). 

 

Rechtliches Gehör wird u.a. durch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gewährt; Art. 103 Abs. 1 GG setze voraus, dass sich die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt über den gesamten Verfahrensstoff informieren können.

 

Wird einem Beteiligten erlaubt, mittels Videokonferenz an der Verhandlung teilzunehmen, § 91a Abs. 1 S. 1 FGO, muss das Geschehen vollständig übermittelt werden (darf sich also nicht auf einzelne Beteiligte beschränken) und jeder Beteiligte muss zeitgleich die anderen Beteiligten visuell und akustisch wahrnehmen können. Daran ermangelt es, wenn ein anwesender Beteiligter einen zugeschalteten Beteiligten nur sehen kann, wenn er sich selbst um 180° wendet.

 

Eine darauf beruhende Entscheidung ist aufzuheben, wenn das Rügerecht besteht, § 295 Abs. 1 ZPO iVm. § 155 S. 1 FGO. Ein Verzicht auf das Rügerecht liegt in einem Fall wie hier nicht vor, wenn die Partei nicht rechtskundig vertreten war.

 

 

BFH, Beschluss vom 18.08.2023 - IX B 104/22 -

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