Werkvertragsrecht


Keine Mängelhaftung des Werkunternehmers für Fehler ihm übergebener Ausführungsunterlagen und zur treuwidrig verweigerten Abnahme

LG Hamburg, Urteil vom 16.12.2016 - 412 HKO 10/14 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Beklagte, ein Generalbauunternehmen (GU), ließ von der Klägerin 2010 Rohbauarbeiten für ein Einfamilienhaus ihrer Auftraggeber durchführen. Im Oktober 2011 wurde das Haus den Auftraggebern der Klägerin übergeben. Eine Woche nach der Übernahme rügten die Beklagte diverse Mängel und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. So rügte sie gegenüber der Klägerin Mauerrisse in den Kinderzimmern. Einige Tage später erstellte die Klägerin ihre Schlussrechnung und forderte die Beklagte zur Zahlung auf. Die Werklohnklage hatte im wesentlichen Erfolg.

 

Insbesondere negierte das Landgericht das Vorliegen eines die Abnahme des Werkes hindernden Mangels, der von der Beklagten wegen der Risse eingewandt wurde.  Insoweit sei nicht die Klägerin für diese Risse verantwortlich. Ursächlich sei eine der Klägerin von der Beklagten zur Verfügung gestellte Statik, die nach den Feststellungen eines im Verfahren eingeholten Gutachtens fehlerhaft gewesen sei. Die Deckenplatte der Erdgeschossdecke sei bei weitem nicht dick genug, um unter Berücksichtigung ihrer Belastung durch die Trennwand zwischen den Kinderzimmern den Wohnbereich zu überspannen, ohne sich durchzubiegen. Die Risse wären das Ergebnis einer Formänderung der Wände. Die Durchbiegung der Decke würde eine Bogenwirkung der Wände begründen.

 

Auch nach § 13 III VOB/B würde eine Haftung der Klägerin ausscheiden. Danach muss zwar der Auftragnehmer für fehlerhafte Leistungsbeschreibung, Anordnungen pp. des Auftraggebers einstehen, allerdings nur nach Maßgabe von § 4 Nr. 3 VOB/B. § 4 Nr. 3 VOB/B  fordert die Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber und verlangt deshalb dessen Kenntnis.  Der Mangel der Statik war aber für die Klägerin nicht ersichtlich gewesen und sie hätte sich auch auf deren Richtigkeit verlassen dürfen.

 

 

Die Beklagte wandte ferner fehlerhafte Maße bei Fenstern und Türen als Abnahmehindernis ein. Dem folgte das Landgericht ebenfalls nicht. Es verwies darauf, dass der gesamte Bau der Überwachung durch den Bauleiter der Beklagten unterlag und nach Aufbringung des Putzes die Rohbaumaße nicht mehr zuverlässig prüfbar sind. Da die Beklagte die Bauteile zur Fortführung des Baus durch die Folgegewerke freigegeben hatte und damit auch eine Nachbesserung wesentlich erschwert hätte, sofern tatsächlich die Maße fehlerhaft gewesen sein sollte, wäre eine darauf gestützte Abnahmeverweigerung treuwidrig. 

 

 

Aus den Gründen:

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abweisung des weitergehenden Zinsanspruchs verurteilt, an die Klägerin € 7.723,52 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf € 7.723,52 ab dem 5.1.2012 sowie € 857,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 29.01.2014 sowie € 20,00 (vorgerichtliche Mahnkosten) zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ließ als Generalunternehmerin ein Einfamilienhaus im N. Weg …, 2… H. für die Eheleute S.-H. errichten. Mit den Rohbauarbeiten beauftragte die Beklagte die Klägerin auf der Grundlage der „Auftragsbestätigung“ vom 17.6.2010 (Anlage K 1) und des entsprechenden Nachtrags vom 24.8.2010. Ursprünglich vereinbart war ein Pauschalfestpreis von € 101.500 netto bzw. € 120.785,00 brutto. Im Rahmen des Nachtrags wurden weitere Leistungen, u.a. Treppen für € 7.455,00 netto beauftragt.

Die Klägerin führte den Rohbau aus. Das Gebäude wurde dem Bauherrn S.-H. am 7.10.2011 übergeben. Mit Schreiben vom 14.10.2011 (Anlage B 1) rügte die Beklagte unter Hinweis auf eine Mängelliste ihrer Bauleitung diverse Mängel und forderte zur Mängelbeseitigung bis zum 28.10.2011. Mit Schreiben vom 15.10.2011 (Anlage B 2) übersandte sie die komplette Mängelliste der Bauherrn unter Markierung der Mängel, die ihrer Auffassung nach der Klägerin anzulasten seien. Dazu gehörten u.a. an den Geschosstreppen sowie Mauerrisse in den Kinderzimmern. Die Klägerin erstellte der Beklagten unter dem 4.11.2011 eine Schlussrechnung (Anlage K 3), welche eine Gesamtsumme von € 112.400,00 netto auswies. Davon abgesetzt waren Abschlagszahlungen in Höhe von € 99.620,00, sowie ein Sicherungseinbehalt von 5.620,00, sodass als zu zahlende Nettosumme ein Betrag von € 7.165,17 ausgewiesen wurde. Davon abzusetzen ist unstreitig noch die Bauwesenversicherung von € 562,03, was zu einem Betrag von € 6.603,24 führt. Hierauf kehrte die Beklagte gemäß Fax vom 2.8.2012 (Anlage B 11) ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht einen Teilbetrag von € 4.500,00 am 20.8.2012 aus. In dem Schreiben werden insbesondere die Geschosstreppen gerügt. Weiter heißt es:

„€ 2.103,24 Restbetrag sowie die Sicherheit € 5.620,28 bleiben stehen, bis zur abschließenden ggf. rechtlichen Klärung der Angelegenheit mit den Bauherren. Sofern Sie mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind, bitten wir um rechtsverbindliche Gegenzeichnung dieses Schreibens und Rücksendung im Original“.

Der Geschäftsführer der Klägerin lehnte die vorgeschlagene Verfahrensweise telefonisch ab, woraufhin die Beklagte ihm ihr Schreiben vom 2.8.2012 nochmals mit der Aufforderung zur Gegenzeichnung übersandte (Anlage B 12).

Nachdem sich auch in der Folgezeit keine Klärung ergab, wurde die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 21.1.2014 (Anlage K 6) zur Zahlung auf das Anderkonto der Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert. Mit Schreiben vom 29.1.2014 (B 13) rügte die Beklagtenseite eine fehlende Vollmacht des Klägeranwalts und erklärte, dass Sie ohne den Nachweis einer Legitimation nichts veranlassen werde.

Die Klägerin behauptet, sie habe die Beton-Geschosstreppen innerhalb der Frist fachgerecht hinsichtlich der Antrittshöhen hergestellt und nachgebessert. Die Risse in den Wänden beruhten auf Fehlern der durch die Beklagte in Auftrag gegebenen Statik. Die Klägerin habe sie ebenso wenig zu vertreten wie weitere gerügte Mängel. Die Rügen beruhten entweder darauf, dass die Beklagte mit den Bauherrn Leistungen vereinbart habe, welche sie bei der Klägerin nicht in Auftrag gegeben habe, z.B. eine höhere Deckenhöhe in den Kellerräumen und eine Abdichtung des Gebäudes mit „weißer Wanne", oder dass sie Aufträge an Folgewerke mit einem planabweichenden Inhalt vergeben habe, z.B. eine falsche Estrichhöhe im Obergeschoss angegeben habe oder die Fensterbauern falsche Maße zugrunde gelegt hätten oder die Putzer den Putz nicht fachgerecht aufgetragen hätten. Es sei eine vorbehaltlose Durchgriffsabnahme erfolgt. Die Beklagte könne auch den Sicherungseinbehalt beanspruchen, weil ihr die Klägerin eine Gewährleistungsbürgschaft der VHV Versicherung vom 4.3.2013 übersandt habe, welche ihr die Beklagte kommentarlos zurückgesandt habe. Im Übrigen habe die Beklagte die getrennte Anlage des Sicherungsbetrages nicht nachgewiesen. Dementsprechend berechnet die Klägerin ihre Forderung wie folgt:

 

Auftragssumme

EUR

112.405,55

gezahlt

./. 99.620,00

Zwischensumme

12.785,55

abzgl.- Bauwesenversicherung 5%

./. 562,03

Zwischensumme

12.223,52

abzüglich am 20.8.2012 gezahlter

./. 4.500,00

Klagforderung

7.723,52

        

        

Die Klägerin behauptet, für die außergerichtliche Rechtsverfolgung seien weitere Kosten von € 857,00 entstanden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 7.723,52 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB auf € 12.223,52 ab dem 05.01.2012 bis zum 20.08.2012 € 7.723,52 ab dem 21.08.2012 sowie € 20,00 (vorgerichtliche Mahnkosten) zu zahlen.

2. die Beklagte des Weiteren zu verurteilen, € 857,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 29.01.2014 zu zahlen.

Die Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass eine vorbehaltlose Abnahme durch den Bauherrn erfolgt sei. Tatsächlich seien die in der Mängelliste des Bauherrn aufgeführten Mängel gerügt worden, wobei die markierten Mängel das Gewerk der Klägerin beträfen. Außer den mangelhaften, d.h. vom Maß her nicht passenden Betongeschosstreppen beträfen diverse weitere Mängel das Gewerk der Klägerin, insbesondere Risse in den Kinderzimmerwänden. Die zwischenzeitliche Zahlung von € 4.500,00 sei im Zusammenhang mit dem Vergleichsangebot im Schreiben vom 2.8.2012 (Anlage B 11), in dem die Klägerin unterbreitet hatte, bis zur gerichtlichen Klärung mit dem Bauherren nur die Sicherheitsleistung von € 5.620,28 sowie den Restbetrag von € 2.103,24 einzubehalten. Ein Anerkenntnis sei damit nicht verbunden gewesen.

Für die weiteren Mängelbehauptungen der Beklagten wird auf die Seiten 10-26 des Schriftsatzes vom 8.5.2014 (Blatt 42- 58 der Akten) Bezug genommen.

Die Beklagte bestreitet, dass sie eine Gewährleistungsbürgschaft erhalten und zurückgesandt habe und hält sich für berechtigt, den ausstehenden Betrag einzubehalten, da keine mängelfreie Abnahme erfolgt sei.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des Objekts bei einem Ortstermin, durch Vernehmung der Eheleute S.-H. als Zeugen sowie durch Gutachten der Sachverständigen Go. und Gu. . Auf die schriftlichen Gutachten und mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen sowie die Protokolle der Zeugenaussagen wird Bezug genommen. Die Beklagte hat ihrem Bauleiter D. S. den Streit verkündet, woraufhin dieser dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beitrat (Schriftsatz vom 6.6.2014, Blatt 74 der Akten).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wesentlichen begründet.

Die Beklagte ist aufgrund des geschlossenen Werkvertrages verpflichtet, der Klägerin die Restvergütung in Höhe des ausgeurteilten Betrag von € 7.753,52 zzgl. Zinsen und vorgerichtlicher Kosten zu zahlen.

I.

Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin die bei ihr durch die Beklagte in Auftrag gegebene Leistung im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht hat und die Beklagte daher die geschuldete Restvergütung nach den §§ 640, 641 BGB zu zahlen hat.

1. Eventuelle Herstellungs- oder Nachbesserungsansprüche hat die Beklagte nur noch im Hinblick auf die Risse in diversen Wänden, insbesondere in den Kinderzimmerwänden, erhoben. Diese Risse beruhen jedoch nicht auf einer fehlerhaften Leistung der Klägerseite, sondern darauf, dass die ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellte Statik fehlerhaft war. Nach § 645 BGB berechtigt dieser durch die Bestellerseite zu vertretene Umstand die Beklagte nicht zu einer Verminderung der vereinbarten Vergütung.

Die Feststellung, dass die aufgetretenen Risse nicht auf einer fehlerhaften Arbeit der Klägerin beruhen, sondern auf einer fehlerhaften Statik, beruht auf den überzeugenden gutachterlichen Stellungnahmen der Sachverständigen Go. und Dipl. Ing. Gu. . Der Sachverständige Gu. hat in seinem Gutachten vom 28.5.2016, S, 14, Ziffer 2.1.3. (Blatt 469 der Akten) festgestellt, dass die Rissbildungen im Wesentlichen durch die Durchbiegung der Erdgeschossdecke über dem Wohnraum im EG entstanden seien. Die Deckenplatte sei bei weitem nicht dick genug, um unter Berücksichtigung ihrer Belastung durch die Trennwand zwischen den Kinderzimmern den 8,38m langen Wohnbereich zu überspannen, ohne sich durchzubiegen. Das Rissbild in den Kinderzimmern, sowie in der Treppenhauswand links und unterhalb der Geschossdecke sei schlüssig auf die Durchbiegung der Deckenplatte und die daraus resultierenden Auflagerverbiegungen zurückzuführen. Diese Risse seien das Ergebnis einer Formänderung der Wände (Protokoll S. 4, Blatt 550 der Akten). Diese ergäben sich, weil die Durchbiegung der Decke dazu führe, dass in den Wänden Kräfte entstünden, die eine Bogenwirkung bewirkten und zu Winkelverdrehungen am Auflager führten. Die aus Steinen und Mörtel bestehenden Wände hätten nur einen geringen Risswiderstand.

Die Darlegungen des Sachverständigen Gu. überzeugen, weil sie einen gut nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen festgestellten Fehlern der Statik und dem tatsächlich vorgefundenen Erscheinungsbild der Risse herstellen. Auch andere denkbare Ursachen für die Rissbildungen scheiden aus.

Zwar mussten auf der Grundlage der der durch den von der Beklagten beauftragen Statiker gefertigten Ursprungsstatik noch Umrechnungen vorgenommen werden, weil abweichend von den Annahmen der Ursprungsstatik Fertigteilplatten verwandt wurden, aber etwaige Fehler darin seien als Ursache der Rissbildung unwahrscheinlich. Denn die festgestellten Risse hätten sich genauso ergeben, wenn nach der Ursprungsstatik (und der darin zugrunde gelegten Vorgehensweise) vorgegangen worden wäre. In diesem Zusammenhang hat die Klägerseite unwidersprochen behauptet, dass auch die Umrechnungen durch den seitens der Beklagten beauftragen Statiker erfolgt seien.

Wären etwa nach dem Aufgießen des Betons auf die Fertigteile die Abstützungen zu früh entfernt worden, hätten sich, so der Sachverständige Gol., die Risse sofort gezeigt und wäre beim Verputzen geschlossen worden. Unabhängig davon ist die Zeit der Aufrechterhaltung der Abstützungen im Bautagebuch zu vermerken, sodass beurteilt werden könnte, ob sie ausreichend war. Die Beklagte hat das entsprechende Bautagebuch jedoch nicht vorgelegt.

Raum für eine Haftung der Klägerin für die Rissbildung besteht auch nicht nach § 13 III VOB/B, weil der Mangel der Statik der Klägerin nicht erkennbar war. Sie durfte sich darauf verlassen, dass die statischen Berechnungen richtig waren.

2. Hinsichtlich des anfänglichen Einwands der Beklagten, die Geschosstreppen seien mangelhaft hergestellt worden, kann die Beklagte keine Ansprüche gegen die Klägerin geltend machen. Bei dem Ortstermin am 1.10.2014 hat sich gezeigt, dass die Treppen in einem ordnungsgemäßen, von den Bauherren akzeptierten Zustand sind, und nichts weiter an ihnen zu tun ist. Damit ist im Verhältnis zwischen den Parteien für Herstellungsansprüche oder für Zurückbehaltungsrechte, insbesondere soweit diese auf § 641 III BGB beruhen, kein Raum mehr. Auch wurden durch die Beklagte keine aufrechenbaren Gegenforderungen eingewandt. Aus dem Umstand, dass dieser ordnungsgemäße Zustand überwiegend durch die Bauherrnseite „in Eigenregie“ hergestellt wurde, wie sich aus den glaubhaften Aussagen der Eheleute S.-H. im Verlauf des Ortstermins ergibt, kann die Beklagte gegenüber der Klägerin nichts herleiten.

3. Auch weitere behauptete Mängel stehen der Annahme einer Abnahme des Werks bzw. einer abnahmereifen Leistung der Klägerin im Verhältnis zur Beklagten nicht entgegen.

Die Herstellung einer weißen Wanne oder einer Deckenhöhe der Kellerräume, welche den Vorschriften für Wohnräume genügt (230 cm statt 225 cm), gehörte nicht zum Auftragsumfang der Klägerin. Zwar muss bei der Frage, ob er eine abnahmereife Leistung erbracht hat, grundsätzlich der Unternehmer nachweisen, dass seine Arbeiten dem Vertrag entsprechen, aber die Beklagte hat den Vortrag, dass beide Punkte nicht vereinbart gewesen seien, nicht substanziiert bestritten. Dazu hätte die Darlegung gehört, wann und in welcher Weise die entsprechenden Vereinbarungen getroffen wurden. Im vorliegenden Fall ist nicht einmal ersichtlich, dass die Beklagte diese Wünsche der Bauherrenseite an die Klägerseite weitergegeben hat. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie mit dem zwischen den Parteien vereinbarten Pauschalfestpreis abgedeckt wurden.

Soweit seitens der Bauherren schiefe Wände gerügt wurden sowie falsche Maße bei bestimmten Tür- und Fensterlaibungen und die Beklagte sich diese Rüge zu eigen gemacht hat, kann die Beklagte damit keine Einwände gegen die Abnahme der Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß begründen. Der gesamte Bau unterlag der Überwachung durch ihren Bauleiter. Nach Aufbringung des Putzes sind die Rohbaumaße nicht mehr zuverlässig prüfbar. Die Beklagte hat die fraglichen Bauteile zur Fortführung des Baus gegenüber den Folgegewerken, Putzer, Fensterbauer, Bodenleger freigegeben und damit auch eine etwaige Nachbesserung wesentlich erschwert, sofern die Maße fehlerhaft gewesen sein sollten. Diesbezügliche Beanstandungen wurden erst erhoben, nachdem der Bau den Bauherrn zur Abnahme angedient worden war, nachdem Feststellungen zur Einhaltung der Maßtoleranzen im Rohbau nicht mehr zuverlässig möglich waren und nachdem etwaige Korrekturen durch die Klägerin, wenn überhaupt, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand durchzuführen gewesen wären. Eine auf diese etwaigen Mängel gestützte Abnahmeverweigerung wäre treuwidrig.

Ob nunmehr in Bezug auf diese etwaigen Mängel im Verhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits Raum für Gewährleistungsansprüche besteht, kann dahinstehen. Aufrechenbare Gegenansprüche hat die Beklagte jedenfalls nicht dargelegt, sodass die streitgegenständliche Forderung dadurch nicht reduziert würde. Ergänzend wird Bezug genommen auf Ziff. II des Beschlusses vom 9.2.2015 (Blatt 210 f der Akten), in dem das Gericht bereits ausgeführt hat, dass von allen gerügten Mängel nur die Rissbildungen, soweit sie der Beklagten anzulasten wären, geeignet sind, um etwaige Einbehalte von der Klagforderung zu rechtfertigen..

II.

Wie sich der einbehaltene Betrag von € 7.723,52 zusammensetzt, hat die Beklagte in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 2.8.2012 (Anlage B 11) selbst bestimmt. In Höhe von € 2.103,24 soll es sich um den fälligen Restbetrag handeln und in Höhe von € 5.620,28 um die geschuldete Sicherheitsleistung. Zwar wurde in dem Schreiben eine Einigung über die künftige Verfahrensweise angeboten, nämlich, dass die Klägerin hinsichtlich der vorgenannten Einbehalte stillhalten sollte, bis die Einwände des Bauherrn geklärt waren, und die Klägerin ist auf diesen Vorschlag nicht eingegangen. Das macht aber die Begründung der Höhe des Einbehalts und die darin liegende Bestimmung nicht unwirksam.

Der Einbehalt ist insgesamt unwirksam. Dass es die etwaigen Mängel nicht rechtfertigen, einen bestimmten Teilbetrag einzubehalten, ergibt sich aus den obigen Ausführungen. Die Beklagte kann die Zahlung von € 5.620,28 auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines geschuldeten Sicherungseinbehalts verweigern, weil sie den Betrag entgegen § 17 VI VOB/B trotz einer gesetzten Nachfrist (5.3.2013) nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt hat (vgl. Vortrag Klage S. 3). Eine weitere Fristsetzung war auch deswegen entbehrlich, weil die Beklagte die Anlage des einbehaltenen Betrages von € 5.620,28 als Sicherheitsleistung ausdrücklich ablehnt (vgl. Klagerwiderung Seite 5, Blatt 19 der Akten, Schriftsatz vom 8.5.2014, S. 31, Blatt 63 der Akten).

III.

Die als Nebenforderung geltend gemachten Anwaltskosten schuldet die Beklagte gemäß § 286 BGB aus Verzug. Die Zugrundelegung einer Geschäftsgebühr von 1,5 ist im vorliegenden, unübersichtlichen Fall nicht zu beanstanden. Zur Zeit der Beauftragung eines Anwalts durch die Klägerin war die Beklagte mit ihrer Zahlung in Verzug. Das Schreiben des Klägervertreters ist auch kein einfaches Mahnschreiben, sondern lässt eine Einarbeitung in die Sache erkennen. Darauf, dass dem Schreiben keine Vollmacht beigefügt war, kommt es hierfür nicht an, da der Gebührentatbestand davon nicht abhängt.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 291 BGB. Die teilweise Abweisung des Zinsantrages beruht darauf, dass der Betrag der Sicherleistung in der Schlussrechnung noch nicht fällig gestellt worden war. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus den §§ 92 II, 101 ZPO. Der auf Seiten der unterlegenen Partei beigetretene Nebenintervenient hat die ihm entstandenen Kosten demnach selbst zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung beruht auf § 709 ZPO.