Werkvertragsrecht


Ausschreibung: Abweichung in dem Leistungsangebot und Vertragsauslegung

OLG Koblenz, Urteil vom 08.02.2017 - 5 U 896/16 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Klägerin kündigte den  mit der Beklagten abgeschlossenen Bauvertrag und verlangte von dieser die höhere Vergütung eines sodann (nach Neuausschreibung)  beauftragten Drittunternehmers als Schadensersatz.  Vorausgegangen war dem eine Ausschreibung der Klägerin, in der u.a. zum Bodenbelag Betonwerkstein „Select“ Art.-Nr. 7432 mit einer „Plattendicke 2cm“  gefordert wurde. Die Beklagte bewarb sich und gab im Bieterverzeichnis zu dieser Position den Bodenbelag „Typ Petra 93.70 A.T. konventionell“ an. Von der Klägerin wurde der Beklagten, nach Besichtigung einer Musterplatte mit einer kleineren Fläche von 15 x 15cm und einer Plattendicke von 2cm der Zuschlag erteilt. In der Folge kam es zwischen den Parteien zu einem Streit, da das von der Beklagten im Bieterverzeichnis eine Plattendicke von 26mm aufwies. Die Beklagte wies die Forderung der Klägerin auf eine Plattendecke von 20mm zurück, weshalb die Klägerin schließlich den Vertrag fristlos kündigte.

 

Gegen das der Klage stattgebende Urteil legte die Beklagte Berufung ein.

 

Das Landgericht ging, von der Berufung insoweit auch nicht angegriffen, davon aus, dass die Kündigung gerechtfertigt gewesen sei, wenn zwischen den Parteien eine Plattendicke von 20mm vereinbart gewesen sei. Von einer solchen Vereinbarung  sei entgegen der Annahme  der Beklagten auszugehen.

 

Die Beklagte könne, so das OLG, nicht damit gehört werden , dass sich ihr Angebot auf einen Plattentyp mit einer Plattendicke von 26mm bezogen habe. Das der Ausschreibung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis habe deutlich eine Plattendicke von 20mm hervorgehoben. Die ergänzende Produktangabe könne die Vorgabe nicht entkräften, was sich daraus ergäbe, dass es das von der Klägerin benannte Produkt mit der Plattendicke gäbe. Dem stünde auch der Einwand der Beklagten nicht entgegen, dass die Standarddicke dieses Produkts 28mm betrage, da entscheidend die Ausschreibung mit 20mm sei und dies auch vom Hersteller angeboten würde.  

 

Es sei eine Frage der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB, welche Leistung letztlich vereinbart war. Abzustellen sei darauf, wie ein objektiver Dritter bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände die von den Erklärenden gewählte Bezeichnung hätte verstehen können oder müssen. Alleine der Umstand, dass die von der Beklagten angebotene Platte evtl. nur mit einer Dicke von 26mm hergestellt wird, führe nicht notwendig zu einem Dissens, da dieser nicht schon dann vorliege, wenn die Parteien sich nicht hinsichtlich des Gewollten zutreffend abgestimmt hätten. Ein einseitiger Inhaltsirrtum führe nicht zum Dissens, wenn die andere Partei ihren Willen korrekt zum Ausdruck gebracht hat und zudem auch die Erklärung des Kontrahenten als mit seiner eigenen Vorstellung als übereinstimmend ansehen durfte (normativer Konsens mit Möglichkeit zur Irrtumsanfechtung). Damit sei vorliegend entscheidend, ob die Angabe im Angebot der Beklagten „konventionell“ von der Klägerin dahingehend hätte verstanden werden müssen, es handele sich um Platten mit einer Dicke von 26mm.

 

 

Nach einem eingeholten Gutachten folgt das OLG dem Sachverständigen dahingehend, dass für die Beklagte hätte klar sein müssen, dass die Plattenstärke von 20mm ein wesentlicher Gesichtspunkt gewesen sei und die Beklagte nicht den Terminus „konventionell“ erläutert habe. Es sei von daher für einen ausschreibenden Ingenieur nicht ersichtlich gewesen, dass eine Plattenstärke von 26mm angeboten würde.  Die Klägerin sei, so das OLG, auch nicht verpflichtet gewesen, die angebotenen Materialien (ohne dass es dafür Anhaltspunkte gab) zu untersuchen oder nachzufragen. 

 

Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 13. Juli 2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.225,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

 

I.

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Mehrkosten nach der Kündigung eines Bauvertrages wegen neuer Auftragsvergabe an ein Drittunternehmen zu höherer Vergütung.

Die Klägerin beabsichtigte die Durchführung von Betonwerksteinarbeiten an der …[A]kaserne ...[Z]. Sie führte hierzu ein Ausschreibungsverfahren durch. Im zugehörigen Langtextleistungsverzeichnis wird unter 1.3.1000. ein Bodenbelag des Fabrikats ...[B], Betonwerkstein „Select“, Art. Nr. 7432 mit einer „Plattendicke 2 cm“ gefordert. Hinsichtlich der konkreten Darstellung im Langtextleistungsverzeichnis wird auf die Anlage K3 (Bl. 14 ff. GA) verwiesen. Die Beklagte bewarb sich auf die Ausschreibung und gab im Bieterangabenverzeichnis hinsichtlich der Leistungsposition 1.3.1000. an, den Bodenbelag „Typ Petra 93.70 A. T. konventionell“ anzubieten. Das Angebot der Beklagten belief sich auf eine Gesamtsumme von 87.334,12 € und die Klägerin erteilte nach Besichtigung einer Musterplatte mit einer kleineren Fläche von 15 x 15 cm und einer Plattendicke von 2 cm den Zuschlag. In der Folge kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten, da das von der Beklagten angebotene Produkt eine Plattendicke von 26 mm aufwies. Die Klägerin forderte daraufhin von der Beklagten die Ausführung mit einer Plattendicke von 20 mm. Dies wies die Beklagte - auch nachdem die Klägerin die Auftragsentziehung und Vergabe der Leistungen an ein Drittunternehmen androhte - mehrfach zurück. Mit Schreiben vom 11. Juni 2011 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung (Anlage K12; Bl. 31 ff. GA).

Nach Neuausschreibung vergab die Klägerin die Leistungsausführung an die ...[C] GmbH, die sich auf die Ausschreibung mit einer Angebotssumme von 105.346,86 € beworben hatte. Die ...[C] GmbH führte die Leistungen aus und stellte letztlich eine Schlussrechnung unter Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Mengen- und Massen von 102.711,59 €. Unter Zugrundelegung der angefallenen Mengen und Massen hätte sich für die Beklagte bei Ausführung der Leistungen durch sie eine Schlussrechnungssumme von 79.486,24 € ergeben. Zur Zahlung der Differenz von 23.225,35 € forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf.

Die Klägerin hat erstinstanzlich angeführt, der Vertragsinhalt sei dahin auszulegen, dass Betonwerkstein mit einer Plattendicke von 20 mm habe ausgeführt werden müssen. Die Ausschreibungsunterlagen seien insoweit zweifelsfrei verfasst worden und das Angebot der Beklagten habe keine Rückschlüsse darauf gegeben, dass eine andere Plattendicke Vertragsgegenstand geworden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

an die Klägerin 23.225,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der von ihr angebotene Plattenbelag „Typ Petra 73.90 A. T. konventionell“  habe im Fachkreis der Klägerin dahingehend verstanden werden müssen, dass ein Plattenbelag von 26 mm Dicke angeboten werde. Insoweit handele es sich auch um ein gleichwertiges Angebot, zumal in der Ausschreibung nur „ca.-Maße“ angegeben worden seien und die Höhe des Bodenaufbaus durch die Dicke des Estrichs habe beeinflusst werden können. Da selbst der von der Klägerin in der Ausschreibung angegebene Bodenbelag standardgemäß mit 26 mm Plattendicke hergestellt werde, sei die Ausschreibung - soweit sie zugleich auf 20 mm Plattendicke abstelle - missverständlich gefasst. Die Beklagte hat zudem angeführt, bei einer Bauvorbesprechung Anfang April 2011 sei mit dem zur Bauaufsicht eingeschalteten Ingenieurbüro - auch wenn dieses nicht zur vertraglichen Erklärungen bevollmächtigt gewesen sei - eine Leistungsänderung auf eine Plattendicke von 26 mm nach Maßgabe des zugehörigen Besprechungsvermerks (Anlage B2; Bl. 148 ff. GA)  vereinbart worden. Zudem sei ihr hinsichtlich der Position 1.3.2000. durch die Angabe eines Einheitspreises von 1,80 € ein Kalkulationsirrtum unterlaufen; dieser sei offenkundig gewesen, was sich daran zeige, dass das Drittunternehmen letztlich für diese Leistungsposition einen Einheitspreis von 54,29 € berechnet habe. Die Offenkundigkeit des Kalkulationsirrtums stehe einer Mehrvergütungsforderung der Klägerin entgegen. Zudem hat sich die Beklagte auf ein Mitverschulden der Klägerin berufen, da ihr Nachtragsangebot hinsichtlich eines Bodenbelags mit einer Plattendicke von 20 mm billiger gewesen sei, als das Angebot des Drittunternehmens, das letztlich den Zuschlag erhalten habe.

Das (nach Aufhebung des zunächst die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abweisenden Urteils und Zurückverweisung durch den Senat) bei der erneuten Verhandlung sachverständig beratene Landgericht hat die Beklagte gemäß dem Klagebegehren verurteilt. Es sei davon auszugehen, dass eine Plattendicke von 20 mm vereinbart gewesen sei. Dieses Erfordernis gehe aus dem der Ausschreibung zugrunde liegenden Leistungsverzeichnis klar hervor. Das Angebot der Beklagten, eine Steinplatte „Typ Petra 93.70 A. T. konventionell“ auszuführen, sei von der Klägerin nicht dahingehend zu verstehen gewesen, es werde eine Platte mit einer Plattendicke von 26 mm angeboten. Der Begriff „konventionell“ könne sich auf eine Vielzahl von Eigenschaften des Betonwerksteins beziehen. Die Klägerin habe als Ausschreibende nicht aufgrund der Verwendung des Begriffs „konventionell“ davon ausgehen müssen, es werde eine Platte mit einer anderen Plattendicke als der im Leistungsverzeichnis ausgeführt. Im Übrigen wiederholt das Landgericht die Ausführungen des Senats im Urteil vom 15. Juli 2015 (Bl. 301 ff. GA).

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung unter Weiterverfolgung ihres Klageabweisungsantrags. Das vom Landgericht verwertete Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. ...[D] sei mit wesentlichen Mängeln behaftet und könne nicht verwertet werden. Der Sachverständige habe lediglich allgemein gehaltene sprachwissenschaftliche Ausführungen zum Begriff „konventionell“ vorgenommen. Auf die Fachkenntnisse ausschreibender Ingenieure werde hingegen nicht abgestellt. Zudem sei das Gutachten widersprüchlich, da in diesem ausgeführt werde, sie habe einen Bodenbelag mit einer größeren Stärke angeboten, woraus zu schließen sei, dass für den Ausschreibenden die vorgeschlagene Ausführung mit Platten mit einer größeren Stärke doch erkennbar gewesen sei. Hiervon müsse bei einem ausschreibenden Ingenieur mit durchschnittlichen Fachkenntnissen auch ausgegangen werden. Notfalls hätte die Klägerin bei ihr nachfragen können. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 14. September 2016 (Bl. 412 ff. GA) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Mainz abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung vom 25. Oktober 2016 (Bl. 419 ff. GA) Bezug genommen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des bereits erstinstanzlich hinzugezogenen Sachverständigen Dr.-Ing. ...[D]. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Ergänzungsgutachten vom 13. Januar 2017 (Bl. 443 ff. GA) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache lediglich hinsichtlich des Zinsanspruchs einen geringfügigen Erfolg. Im Übrigen erweist sich die Berufung als unbegründet.

1. Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, soweit sich die Beklagte gegen den vom Landgericht zuerkannten Anspruch auf Erstattung der angefallenen Mehrvergütung in Höhe von 23.225,35 € nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B wendet.

Der Ansatz des Landgerichts, nach dem die Beklagte zur Erstattung der angefallenen Mehrkosten durch die Beauftragung eines Drittunternehmens nach der Kündigung des Bauvertrages durch die Klägerin verpflichtet ist, wenn zwischen den Parteien die Ausführung eines Bodenbelags mit einer Plattendicke von 20  mm vereinbart war, wird von der Beklagten mit der Berufung nicht angegriffen. Insoweit bestehen auch aus Sicht des Senats keine Bedenken. Das Landgericht ist auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen den Parteien die Ausführung einer Steinplatte mit der Plattendicke von 20 mm vereinbart war.

a) Die Beklagte kann sich zunächst nicht darauf berufen, aufgrund der Unbestimmtheit des der Ausschreibung zugrunde liegenden Leistungsverzeichnisses müsse davon ausgegangen werden, dass ihr sich auf einen Plattentyp mit einer Dicke von 26 mm beziehendes Angebot den Leistungsgegenstand bestimmt habe. Das der Ausschreibung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis hebt das Erfordernis einer Plattendicke von 20 mm klar hervor. Die ergänzend angeführte Produktbezeichnung vermag diese Vorgabe nicht zu entkräften. Dies ergibt sich schon daraus, dass ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Anlage K18 (Bl. 183 f. GA) die Firma ...[A] die Betonwerksteinplatten Select mit der Artikel-Nr. 7432 in der Dicke von 2 cm produzieren kann. Der Einwand der Beklagten, die Standarddicke dieses Produkts betrage 28 mm, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, dass das von der Klägerin in der Ausschreibung vorgeschlagene Produkt mit einer Plattendicke von 20 mm durch den Hersteller angeboten wird. Letztlich kann sich die Beklagte daher nicht auf eine Widersprüchlichkeit der Leistungsausschreibung der Klägerin berufen.

b) Zur Klärung der Frage, welche Leistung letztlich Vertragsgegenstand geworden ist, bedarf es einer Auslegung der Vereinbarung der Parteien nach den §§ 133, 157 BGB. Grundlage ist dabei der objektive Empfängerhorizont. Es ist also darauf abzustellen, wie ein objektiver Dritter bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände die vom Erklärenden gewählte Bezeichnung hätte verstehen können und müssen (vgl. nur BeckOK-BGB/Wendlandt, § 133 Rn. 27). Insofern führt das in der Leistungsausschreibung ausdrücklich eröffnete Anbieten eines gleichwertigen anderen Produkts auch dann nicht zu einem Dissens, wenn die von der Beklagten angebotene Steinplatte „Typ Petra 93.17 A. T. konventionell“ nur als Platte mit einer Dicke von 26 mm hergestellt wird. Denn ein Dissens liegt nicht immer dann vor, wenn sich die Parteien hinsichtlich des von ihnen wirklich Gewollten tatsächlich nicht zutreffend abgestimmt haben. Vielmehr folgt aus dem Grundsatz objektiver Vertragsauslegung, dass der einseitige Inhaltsirrtum eines Vertragspartners dann nicht als Dissens anzusehen ist, wenn der andere Partner seinen Willen objektiv korrekt zum Ausdruck gebracht hat und darüber hinaus auch die Erklärung seines Kontrahenten als mit seiner eigenen übereinstimmend ansehen durfte. In diesem Fall liegt ein normativer Konsens vor, der gegebenenfalls die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung eröffnet (vgl. MünchKomm-BGB/Armbrüster, 6. Aufl. 2012, § 119 BGB, Rn. 63).

Entscheidend ist daher, ob die Plattenbezeichnung mit dem Zusatz „konventionell“ durch die Klägerin dahin hätte verstanden werden müssen, es handele sich dabei um Platten mit einer Dicke von 26 mm. Andernfalls durfte die Klägerin angesichts der klar formulierten Leistungsbeschreibung davon ausgehen, dass Platten mit einer Dicke von 20 mm angeboten werden. Von Letzterem ist unter Heranziehung der Ausführungen des Sachverständigen Dr.-Ing. ...[D] auszugehen.

Bereits in seinem erstinstanzlich erstatteten Gutachten hat der Sachverständige festgehalten, dass für alle Beteiligten klar sein musste, dass die Ausführungsstärke von 20 mm ein wesentlicher Gesichtspunkt war. Er hat die Bedeutung der Einhaltung einer vorher festgelegten Betonwerksteinstärke betont. Der Sachverständige hat weiter erklärt, dass die Beklagte in ihrem Angebot nicht darauf hingewiesen habe, was unter der Bezeichnung „konventionell“ zu verstehen sei. Für einen ausschreibenden Ingenieur sei daher nicht erkennbar gewesen, dass eine Plattenstärke von 26 mm angeboten wird. Ungeachtet der zunächst knappen Begründung erweisen sich bereits die erstinstanzlichen Ausführungen des Sachverständigen als unzweideutig. Soweit die Beklagte anführt, das Gutachten des Sachverständigen sei widersprüchlich, da ausgeführt worden sei, die Beklagte habe einen Bodenbelag mit einer größeren Stärke angeboten, was die Erkennbarkeit der Angebotsangaben aufzeige, kann dies nicht nachvollzogen werden. Die Beklagte missinterpretiert insoweit die Ausführungen des Sachverständigen, indem sie pauschal einen Satz seines Gutachtens herausgreift und ihm einen abstrakten Sinngehalt zuweist. Wird der Satz in den Gesamtkontext des Gutachtens gerückt, erschließt sich ohne weiteres, dass dieser lediglich eine nachträgliche objektive Beschreibung enthielt, die anschließend bewertet wurde. Die Bewertung wiederum verhielt sich gegenläufig zum Vorbringen der Beklagten, da danach für einen ausschreibenden Ingenieur gerade keine Erkennbarkeit der Diskrepanz zwischen der angeforderten Plattendicke von 20 mm und des vorgeschlagenen Produkts in der Ausführung „konventionell“ bestand.

Auf die Nachfrage des Senats, welche Erwartungshaltung ein ausschreibender Ingenieur aus objektiver Sicht haben musste, wenn er das Angebot der Beklagten erhält, hat der Sachverständige seine Einschätzung nochmals bekräftigt und näher begründet. Er hat verdeutlicht, dass vertieftes Wissen zu Verlegeplattenstärken von Betonwerksteinen in der Ingenieurausbildung nicht vermittelt wird. Es leuchtet unmittelbar ein, dass die Beherrschung der Ausführungsdetails der ständig wechselnden Produktpalette der verschiedenen Hersteller von Bauprodukten im Gegensatz zu den Einsatzbereichen bestimmter Baustoffe nicht zum Kenntnisgegenstand eines jeden Ingenieurs gehören kann. Auch die darüber hinausgehende Bewertung, dass einem durchschnittlichen fachkundigen ausschreibenden Ingenieur bei der Prüfung der angebotenen Betonwerksteinplatten keine Kenntnisse zu deren konkreter Ausführung haben muss, ist nur nachvollziehbar. Dabei kommt es auf die vom Beklagten eingewandte Frage, welcher Zeitraum für die Prüfung des Angebots anzusetzen ist, nicht entscheidend an. Maßgebend ist vielmehr, dass auch ein ausschreibender Ingenieur nicht die erforderlichen Fachkenntnisse haben musste, um bereits aus der Bezeichnung der Steinplatte zu erkennen, dass es sich um ein letztlich nicht der Ausschreibung entsprechendes Produkt handelt. Dies hat der Sachverständige klar verdeutlicht. Es liegt danach auf der Hand, dass ein ausschreibender Ingenieur nicht sämtliche Bauprodukte bei einem größeren Bauvorhaben mit ihren Ausführungsdetails kennen kann und muss und daher auch nicht unmittelbar erkennen muss, dass eine größenmäßig nicht umschriebene Betonwerksteinplatte nicht der ausgeschriebenen Dicke entspricht.

Für eine Untersuchungspflicht fehlen Anknüpfungspunkte. Ohne konkrete Anhaltspunkte war die Klägerin nicht gehalten, sämtliche angebotenen Bauprodukte, die von der Ausschreibung in zulässiger Weise abweichen, zu überprüfen. Für sie bestand auch kein Anlass, bei der Beklagten hinsichtlich der Plattendicke nochmals nachzufragen. Die Leistungsausschreibung der Klägerin war klar formuliert, indem eine Plattendicke von 20 mm eingefordert wurde. Allein durch den Umstand, dass auch gleichwertige andere Produkte angeboten werden durften, wurde diese unmissverständlich formulierte Anforderung nicht suspendiert. Musste die Klägerin die fehlende Vereinbarkeit des von der Beklagten angebotenen Produkts mit der Leistungsanforderung nicht erkennen, so durfte sie vom Angebot eines passenden Produkts ausgehen und war daher nicht gehalten, bei der Beklagten Nachfrage hinsichtlich der Plattendicke zu halten. Vielmehr konnte sie davon ausgehen, dass die Beklagte als Fachunternehmen ein tatsächlich gleichwertiges Produkt - mit einer Plattendicke von 20 mm - anbietet.

Die Einwände der Beklagten gegen die Ausführungen des Sachverständigen eröffnen keine andere Sichtweise, da sie sich im Wesentlichen erneut auf die bereits angesprochene Frage der (nicht gegebenen) Unbestimmtheit der Ausschreibung der Klägerin beziehen. Eine repräsentative Befragung von ausschreibenden Ingenieuren ist zur Beantwortung der Beweisfrage, die klar dem Gegenstand des Sachverständigenbeweises unterfällt, nicht geboten. Einer ergänzenden Anhörung des Sachverständigen bedurfte es nicht, da die Beklagte in der Berufungsbegründung ohnehin lediglich „Sachverständigenbeweis“ für ihre Sichtweise angeboten, was auch die Einholung der ergänzenden Stellungnahme eröffnete, und zudem auf eine Anhörung des Sachverständigen verzichtet hat.

c) Soweit die Beklagte bis zu dem Zurückverweisungsurteil des Senats vom 15. Juli 2015 weitere Einwände gegen den von der Klägerin erhobenen Anspruch geltend gemacht hat (Änderungsvereinbarung anlässlich einer Bauvorbesprechung am 4. April 2011, Ausschluss eines Anspruchs auf Mehrvergütung wegen eines offensichtlichen Kalkulationsirrtums sowie anspruchsausschließendes Mitverschulden der Klägerin) wurden diese im Nachgang nicht weiterverfolgt. Der Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen im Urteil vom 15. Juli 2015 (Bl. 301 ff. GA) Bezug.

2. Einer Abänderung unterliegt der vom Landgericht zuerkannte Zinsanspruch. Nach § 288 Abs. 2 ZPO kann ein über den Verzugszinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 S. 2 BGB) hinausgehender Zinssatz nur bei Entgeltforderungen verlangt werden. Vorliegend wird von der Klägerin indes keine Entgeltforderung, sondern ein hiervon zu unterscheidender Ersatzanspruch erhoben. Der Zinsbeginn wurde hingegen aufgrund des Mahnschreibens vom 10. Dezember 2012 (Anlage K16) zutreffend auf den 29. Dezember 2012 angesetzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.